Kooperationsverträge – Rechtliche Aspekte und Fallstricke (Teil 3: Mitwirkungspflichten der Kooperationspartner)

In der Wirtschaft gehen Unternehmen Kooperationen mit dem Verständnis ein, durch das gemeinsame Zusammenwirken ein „Mehr“ zu erreichen. Dabei verlassen sich viele Unternehmen, ohne dieses „Mehr“ vertraglich zu fixieren, darauf, dass der andere Kooperationspartner eine angemessene Mitwirkungsleistung erbringt, um den gemeinsamen Zweck als Ziel der Kooperation zu erreichen.

 

Doch wie im richtigen Leben erweist sich die Erwartung einer angemessenen Mitwirkungsleistung zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks auch im Rahmen wirtschaftlicher Kooperationsverträge und -projekte häufig als Trugschluss.

 

– Teil 3 der Blogreihe zu Kooperationsverträgen von Christoph Schmitt

Rechtlich sind Mitwirkungsleistungen ohne konkrete vertragliche Vereinbarung nicht immer eindeutig einzuordnen. Sie können zum einen reine Obliegenheiten sein (so z.B. im Werkvertragsrecht für den Auftraggeber). Erbringt ein Kooperationspartner bei einer werkvertraglichen Forschungs- und Entwicklungskooperation, bei der er als Auftraggeber auftritt, die erforderlichen Mitwirkungsleistungen nicht, so ist mangels ausdrücklicher Regelung als echte Vertragspflicht ein Schadensersatzanspruch der anderen Partei bei Verletzung der reinen Obliegenheiten ausgeschlossen.

 

Die Mitwirkungsleistungen eines Kooperationspartners werden jedoch regelmäßig als vertragliche Nebenpflichten zu qualifizieren sein. Gläubiger und Schuldner im Leistungsverhältnis der Kooperation sind insoweit aus Sicht des BGH verpflichtet, im Zusammenwirken die Voraussetzungen für die Durchführung des Kooperationsvertrages zu schaffen und Hindernisse für die Erreichung des gemeinsamen Zwecks zu beseitigen. Die Mitwirkungspflicht ist insoweit Ausdruck der Treuepflicht und eine selbständig einklagbare Nebenpflicht, so dass bei Unterlassen der Mitwirkungshandlung Schadensersatzansprüche drohen.

 

Beziehen sich die Mitwirkungspflichten im Kooperationsvertrag also auf spezifische Pflichten der Parteien, aktiv zur Erreichung des Vertragsziels beizutragen und den gemeinsamen Zweck zu fördern, so können diese je nach Art der Kooperation zwischen verschiedenen Vertragsmodellen variieren.

 

Gegebenenfalls ist es sinnvoll, die Mitwirkungspflichten im Vertrag dezidiert zu regeln. Wegen der Schadensersatzpflicht, die eine Verletzung der Mitwirkungspflichten nach sich ziehen kann, kann es dabei geboten sein, die Mitwirkungspflichten im Vertrag als abschließend zu bezeichnen.

 

Können die Mitwirkungspflichten im Kooperationsvertrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht genau konkretisiert werden, bietet es sich an, hierfür Generalklauseln aufzunehmen. Eine solche könnte beispielsweise lauten: „Jeder Kooperationspartner verpflichtet sich, die zur Erreichung des gemeinsamen Kooperationszwecks erforderliche Mitwirkungshandlung aus seiner Sphäre vollständig, rechtzeitig und unentgeltlich so zu erbringen, dass der von den Parteien mit diesem Kooperationsvertrag verfolgte Zweck bestmöglich erreicht wird und der jeweils andere Kooperationspartner seine Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag vollständig und vertragsgemäß erfüllen kann“.

 

Ohne besondere Regelung im Kooperationsvertrag wird man aus der Treuepflicht (§ 242 BGB) der Kooperationspartner regelmäßig folgende Pflichten rechtlich annehmen können, die allerdings je nach Art der Kooperation innerlich mit unterschiedlicher Reichweite ausgestattet sein werden:

 

1. Bereitstellung und Verwendung der Mittel

Die Parteien des Kooperationsvertrages verpflichten sich, die zur Erreichung des Kooperationszwecks erforderlichen personellen, sachlichen und finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Hierzu gehört auch die Gestattung des Zugriffs auf ihre notwendige technische Infrastruktur wie Hard- und Software (unter Beachtung gesetzlicher Beschränkungen, z.B. aus dem Datenschutz) und die hierfür notwendigen Zugänge für den Kooperationspartner und eingeschaltete Dritte.

 

2. Informationsaustausch

Beide Kooperationspartner sind verpflichtet, alle notwendigen Daten und Unterlagen sowie sonstige Informationen, die zur Erreichung des Kooperationszwecks erforderlich sind, dem jeweils anderen Kooperationspartner oder eingeschalteten Dritten unter Berücksichtigung gesetzlicher Beschränkungen (z.B. aus dem Bereich des Datenschutzes) zugänglich zu machen. Darüber hinaus umfasst die Verpflichtung zum Informationsaustausch auch eine regelmäßige Berichterstattung über den Fortgang der Kooperationsaktivitäten, z.B. in Form eines Jour fixe.

 

3. Fristen und Termintreue

Zu den Mitwirkungspflichten aus dem Kooperationsvertrag wird es regelmäßig auch gehören, die im Vertrag festgelegten Meilensteine und Termine pünktlich zu erfüllen bzw. einzuhalten. Ebenso gebietet es Treu und Glauben als Kooperationspartner auf Anfragen oder Rückmeldungen des Kooperationspartners zeitnah und angemessen zu reagieren.

 

4. Kommunikation

Die Kommunikation im Rahmen eines Kooperationsprojektes ist von entscheidender Bedeutung, um das gemeinsam angestrebte Ziel der Kooperation zu erreichen. Es gehört daher zu einer nach Treu und Glauben funktionierenden Mitwirkungspflicht, die für den Austausch eingerichteten Kommunikationskanäle (z.B. Datenräume, ETC) zu nutzen, aber auch an gemeinsamen Abstimmungsrunden und Think Tanks teilzunehmen.

 

5. Kooperationsergebnis

Das Kooperationsergebnis immer nur so gut sein kann, wie die Einzelleistungen der Kooperationspartner. Aus diesen Überlegungen ergibt sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Verpflichtung, bei der Leistungserbringung im Rahmen der Kooperation die Qualität der erbrachten Leistungen / Produkte sicherzustellen, die zur Erreichung des Kooperationszwecks erforderlich ist bzw. den ggf. vertraglich festgelegten Standards entspricht. Dazu gehört auch die Vermeidung von Schäden aus der Kooperation durch ein geeignetes Qualitätssicherungssystem bei jedem Kooperationspartner.

 

6. Erfüllung rechtlicher Anforderungen

Da das Kooperationsziel jedenfalls rechtlich nur erreicht werden kann, wenn die gesetzlichen und behördlichen Vorgaben und Anforderungen an die Kooperationsleistungen und/oder die Nutzung des Entwicklungsgegenstandes, z.B. im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungskooperationen, eingehalten werden, stellt die beiderseitige Einhaltung solcher regulatorischer Anforderungen eine wesentliche Mitwirkungspflicht jedes Kooperationspartners dar.

 

7. Geheimhaltung

Auch unabhängig von entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen oder Schutzpflichten aus § 242 BGB, wonach jeder Kooperationspartner verpflichtet ist, dem anderen keinen Schaden zuzufügen, stellt es eine wesentliche Mitwirkungspflicht jedes Kooperationspartners dar, sowohl die Informationen und Daten, die Gegenstand der Kooperation sind, als auch die des jeweiligen Kooperationspartners vertraulich zu behandeln. Kooperationen beruhen heute in der Regel entweder auf speziellem Know-how eines oder beider Kooperationspartner oder auf der Schaffung von nicht öffentlich zugänglichem Know-how, wie z.B. die Entwicklung einer neuen Batterietechnologie. Da aber beide Kooperationspartner verpflichtet sind, alles zu unterlassen, was den Kooperationszweck vereiteln könnte, ergibt sich hieraus reflexartig auch die Verpflichtung zur Geheimhaltung.

 

Fazit

Auch wenn im Kooperationsvertrag keine dezidierten Regelungen zu Mitwirkungspflichten getroffen werden, ergeben sich als vertragliche Nebenpflichten, bei deren Verletzung Schadensersatzansprüche drohen, eine Vielzahl von Mitwirkungspflichten für die Kooperationspartner. Diese sollten jedoch zur Vermeidung von Streitigkeiten im Kooperationsvertrag detailliert geregelt werden. Dabei sollte den Kooperationspartnern jeweils eine konkrete Verantwortung zugewiesen werden. Nur so kann vermieden werden, dass – was häufig der Fall ist – die Kooperation bereits am Streit über die konkreten Mitwirkungspflichten scheitert.

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