How to: Projektverträge | Teil 2: Vertragsstrafen/Liquidated Damages – Fluch oder Segen?

Ein Projektvertrag entsteht ebenso wenig wie das Projekt selbst über Nacht. Im Gegenteil: Oft sind diverse Abstimmungsrunden zu komplexen Details – ob rechtlicher, technischer oder kommerzieller Natur – erforderlich, bei denen es einmal mehr auf Verhandlungsgeschick, Erfahrung und Fingerspitzengefühl ankommt.

 

Sebastian Herrmann und Julia Dunkel schreiben in ihrer Blogreihe „How to: Projektverträge“ über charakteristische Klauseln in Projektverträgen. Neben Change Request- und Preisanpassungsklauseln (siehe dazu Teil 1 der Reihe) beleuchten sie in Teil 2 der Reihe intensiv die Regelungen zur Abnahme des Projekts und die Relevanz von Vertragsstrafen.

Die Interessen der Vertragsparteien könnten beim Thema Liquidated Damages kaum weiter auseinander liegen. Daher ist diese Klausel ein Dauerbrenner in Verhandlungen zu größeren Projekten. Der Auftraggeber sieht die Notwendigkeit der Absicherung (insbesondere) für Verzugsfälle, der Auftragnehmer fürchtet das scharfe Schwert der nachweislosen Pönale.

 

 

Relevanz der Liquidated Damages-Klausel in Projektverträgen

 

Zumindest aus Auftraggebersicht gestaltete Verträge zu größeren Projekten enthalten regelmäßig Vertragsstrafen für Liefer-/Leistungsverzug. Zum einen, um einen „Anreiz“ für den Auftragnehmer zur termingerechten Erfüllung seiner Leistungspflichten zu schaffen, zum anderen um die anderenfalls bestehende Pflicht des konkreten Schadensnachweises im Verzugsfall loszuwerden. Letztlich also sowohl ein pädagogisches Tool als auch eine erhebliche rechtliche Besserstellung des vom Verzug betroffenen Auftraggebers.

 

Im internationalen Kontext spricht man dabei regelmäßig von „Liquidated Damages“ und zeichnet damit den Kreis um die Vertragsstrafe und den pauschalierten Schadensersatz.

 

Doch wer meint, eine Liquidated Damages-Klausel sei nur für das bilaterale Rechtsverhpältnis von Bedeutung, denkt in vielen Konstellationen zu kurz. Bei Projektverträgen greifen oft die einzelnen Akteure von Produzenten und deren Vorlieferanten über den eigentlichen Auftraggeber bis zum Endkunden wie Zahnräder ineinander. Kommt ein Akteur mit der Erfüllung seiner Leistungspflichten in Verzug, stockt die gesamte Maschinerie. Wohl dem, der dies im eigenen Vertrag hinreichend berücksichtigt hat.

 

Der Auftraggeber ist daher oft selbst Adressat einer (end-)kundenseitigen Vertragsstrafenregelung. Nur wenn er dieses Risiko rechtssicher und kommerziell austariert an seinen Lieferanten weitergibt, kann er ein sowohl monetäres als auch psychologisch sinnvolles Sicherheitsnetz aufbauen.

 

 

Chirurgische Präzision gefragt

 

Sowohl bei der Formulierung von Liquidated Damages-Klauseln als auch bei den Verhandlungen hierüber wird Präzision verlangt.

Zum kleinen 1×1 der Vertragsstrafenformulierung gehört es grundsätzlich, dass

 

  1. die Klausel transparent gestaltet ist (wann und unter welchen Voraussetzungen greift sie?),
  2. die Klausel den Vertragsstrafenadressaten, was die Höhe angeht, nicht unangemessen benachteiligt,
  3. die Vertragsstrafe nur dann greift, wenn dem Adressaten ein Verschulden zur Last gelegt werden kann,
  4. die Klausel die richtige Bezugsgröße ausweist.

 

Diese zumindest teilweise aus dem AGB-Kontext bekannten Kriterien zur rechtswirksamen Formulierung solcher Klauseln müssen sich zwar nur bedingt auf Projektverträge übertragen lassen. Denn schließlich kann die (meist vom Auftraggeber vorformulierte) Klausel durch Verhandlungen und Anpassungen zur Individualvereinbarung aufsteigen und so der AGB-rechtlichen Klauselkontrolle entzogen werden. Letztlich hat man damit aber sicherlich einen vernünftigen Maßstab für eine korrekte Klauselgestaltung.

 

 

Gegenwehr des Lieferanten/Auftragnehmers

 

Neben den zumindest bei größeren Projekten eher weniger relevanten Wirksamkeitseinwänden (s. vorstehend: üblicherweise wird dort über entsprechende Klauseln verhandelt, damit „raus“ aus dem AGB-Recht), bestehen für den Auftragnehmer insbesondere die nachfolgenden Möglichkeiten, die Liquidated Damages-Klausel zumindest etwas zu entschärfen. Gänzlich herausverhandeln lässt sich diese – das zumindest die Erfahrung aus größeren internationalen Projekten – so gut wie nie.

 

  • „grace period“:

    Unter der grace period versteht man (salopp gesagt) den Verzug, der noch keiner ist. Mittels Formulierung einer grace period wird die Vertragsstrafe nicht bereits mit Tag 1 des Verzuges fällig, sondern es gibt insoweit noch eine Schonzeit (üblicherweise bewegt sich diese im Rahmen von 1-2 Wochen).

 

  • Der Prozentsatz / Bezugspunkt:

    In der Regel werden Liquidated Damages mittels bestimmter Prozentsätze pro Tag/Woche, geknüpft an die (Gesamt-)Vergütung, geregelt. Ein naheliegendes Korrektiv für den Auftragnehmer, sind dabei natürlich die Prozentsätze als solche, ein anderes der Bezugspunkt. Aus Auftragnehmersicht sollte der Prozentsatz nicht an die Gesamtvergütung geknüpft sein, sondern nur an die auf die Lieferung im Verzug entfallende Vergütung. Bei großen Projektvolumina kann das erhebliche Unterschiede machen.

 

  • Obergrenze / Vertragsstrafe als overall-cap:

    Gleichermaßen wichtig ist aus Auftragnehmersicht, dass die Vertragsstrafe eine prozentuale Maximalgrenze enthält (oft ist das selbst in kundenseitig gestalteten Verträgen schon der Fall, sonst zu ergänzen). Darüber hinaus sollte das Haftungsrisiko in Verzugsfällen zumindest auf die Vertragsstrafe beschränkt, sprich eine Ergänzung dahingehend formuliert werden, dass jedwede Schadensersatzansprüche des Auftraggebers aus Verzug darauf „gecapt“ sind.

 

 

Fazit

 

Wer die eigenen Interessen und die des anderen kennt, ist klar im Vorteil. Wer darüber hinaus die Feinheiten möglicher Klauselformulierungen beherrscht, kann die Verhandlungen über die Ausgestaltung der Klausel zu Liquidated Damages zu seinen Gunsten lenken. Schützen Sie Ihre Interessen und Rechtspositionen.

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