EU-Rat billigt Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)

Nachdem bereits am 10. November 2022 das Europäische Parlament die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verabschiedet hatte, folgte am vergangenen Montag, 28. November 2022, nun auch der Rat und billigte die Richtlinie. Es handelt sich um eine grundlegende Reform der bisherigen verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU. Neben der inhaltlichen Erweiterung und stärkeren Standardisierung wird auch der Adressatenkreis von EU-weit bislang ca. 11.000 auf 50.000 Unternehmen erweitert.   

Parallel zur Kodifizierung der EU-Taxonomie, die an die Pflichtberichterstattung nach der bisherigen „Richtlinie über nichtfinanzielle Angaben“ geknüpft ist, hatte die EU-Kommission bereits im April 2021 einen ersten Vorschlag zur Überarbeitung der Nachhaltigkeitsberichtspflicht vorgelegt. Dieser wurde im Februar 2022 durch den Europäischen Rat überarbeitet. Parallel hierzu arbeitete die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) an Konkretisierungen zur CSRD. Im Juni 2022 haben Rat und Parlament eine politische Einigung erzielt, welche die Grundlage für die nun gebilligte Fassung der CSRD ist.

Die wesentlichsten Eckpunkte der CSRD sind:

 

1. Erweiterung des Adressatenkreises der berichtspflichtigen Unternehmen

Aktuell müssen große kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Kreditinstitute und Versicherungen mit durchschnittlich mehr als 500 Mitarbeitern eine nichtfinanzielle Erklärung abgeben. Nach der Umsetzung der CSRD ins nationale Recht sollen künftig alle großen Unternehmen im Sinne des Bilanzrechts sowie alle kapitalmarktorientierten Unternehmen (d. h. auch kleine und mittelgroße kapitalmarktorientierten Unternehmen, ausgenommen Kleinstunternehmen) verpflichtet, Nachhaltigkeitserklärungen zu erstellen und offenzulegen.

Neben EU-Unternehmen sollen darüber hinaus künftig auch Unternehmen aus Drittstaaten in den Anwendungsbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten fallen, sofern sie in einem EU-Mitgliedstaat ein Tochterunternehmen unterhalten, das die für inländische Unternehmen geltenden Größenvoraussetzungen erfüllt. Entsprechendes gilt für Zweigniederlassungen mit jährlichem Nettoumsatz von mind. EUR 40 Mio. Weitere Voraussetzung ist, dass das das Drittlandunternehmen (zumindest auf Gruppenebene) in den beiden letzten Geschäftsjahren in der Union Nettoumsatzerlöse von jeweils mehr als EUR 150 Mio. erzielt hat. Berichtspflichtig ist in solchen Fällen zwar das jeweilige Tochterunternehmen bzw. die Zweigniederlassung. Die Informationen haben sich dann allerdings auch auf die Gruppenebene des obersten Drittland-Mutterunternehmens bzw. auf die Einzelebene des Drittlandunternehmens zu beziehen.

 

2. Konkretisierung des zwingenden Berichtsinhalts

Neben der Erweiterung des Adressatenkreises ist insbesondere die zusätzliche Konkretisierung der Berichtsinhalte als wesentlicher Eckpunkt der CSRD zu nenne. Hiermit soll nicht nur der Umfang der Berichterstattung erweitert, sondern auch der Inhalt der Berichte besser vergleichbar werden. Hierzu stellt die CSRD künftig ausdrücklich auf die „doppelte Wesentlichkeit“ ab, d.h. es sind alle Informationen zu erfassen, die für das Verständnis der Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf Nachhaltigkeitsaspekte (Inside-Out-Perspektive) sowie das Verständnis der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf Geschäftsverlauf, Geschäftsergebnis und Lage des Unternehmens (Outside-In-Perspektive) erforderlich sind. Zu folgenden Fragen sind nach der CSRD Angaben in der künftigen Erklärung zu machen:

 

  • Strategie und Geschäftsmodell (z. B. Angaben zur Resilienz gegenüber Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten; zu negativen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit und der Wertschöpfungskette sowie der Maßnahmen zur Ermittlung und Überwachung dieser Auswirkungen; zu Art und Weise, wie die unternehmerische Tätigkeit mit dem Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C in Einklang gebracht werden soll),
  • Zeitbezogene Nachhaltigkeitsziele und Fortschritte noch nicht umgesetzter Nachhaltigkeitsziele, Kompetenzen der Verwaltungs- bzw. Leitungs- und Aufsichtsorgane in Bezug auf Nachhaltigkeitsfragen sowie Angaben zu mit Nachhaltigkeitsaspekten verknüpften Anreizsystemen,
  • Unternehmenspolitik hinsichtlich Nachhaltigkeit, Erläuterungen zu Liefer- bzw. Wertschöpfungsketten sowie
  • bedeutsamste Risiken des Unternehmens im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten.

 

3. Unionsweite Standardisierung der Berichte

Verbindliche gemeinsame Standards der EFRAG – die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) – werden künftig den Gesetzes Text ergänzen und zusätzlich zur Standardisierung der Berichterstattung beitragen. Hierbei wird durch die EFRAG auch eine möglichst große Kompatibiliät zu den ISSB Standards angestrebt. Die ESRS sollen die EU-weite Vergleichbarkeit, Vollständigkeit und Qualität der Berichterstattung über alle berichtspflichtigen Unternehmen hinweg, d.h. kapitalmarkt- und nicht-kapitalmarktorientiert – fördern. Damit entfallen die bisherigen Freiheiten hinsichtlich der Verwendung anderer Rahmenwerke.

Die ESRS werden Vorgaben zu Umweltfaktoren, Sozial- und Menschenrechtsfaktoren sowie Governance-Faktoren liefern. Die ersten aus 12 Standards bestehenden Entwürfe hierzu hat die EFRAG am 23. November 2023 an die EU-Kommission übermittelt. Sie umfassen folgende Standards (i) Allgemein zur Berichterstattung: „General requirements“ (ESRS 1), „General disclosures“ (ESRS 2); (ii) zu Umweltfaktoren: „Climate change“ (ESRS E1), „Pollution“ (ESRS E2), „Water and marine resources“ (ESRS E3), „Biodiversity and ecosystems“ (ESRS E4), „Resource use and circular economy“ (ESRS E5); (iii) zu Sozial- und Menschenrechtsfaktoren „Own workforce“ (ESRS S1), „Workers in the value chain“ (ESRS S2), „Affected communities“ (ESRS S3), „Consumers and end users“ (ESRS S4); sowie (iv) zu Governance-Faktoren „Business Conduct“ (ESRS G1). Die ESRS sollen bis spätestens 30. Juni 2023 bzw. 30. Juni 2024 von der EU-Kommission als delegierte Rechtsakte übernommen werden.

 

4. Prüfung und Veröffentlichung

Die Nachhaltigkeitserklärungen sind künftig zwingend von einem Abschlussprüfer oder einer vergleichbar qualifizierten Person und innerhalb des Lageberichts in einem klar ausgewiesenen Abschnitt zu veröffentlichen.

 

5. Umsetzung

Die CSRD soll bis zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten der EU haben dann 18 Monate Zeit, um die CSRD ins nationale Recht umzusetzen. Parallel wird die EFRAG mit der Kommission an der Fertigstellung und Veröffentlichung der ESRS arbeiten.

Folgende Fristen sind zur erstmaligen Anwendung der CSRD-Vorgaben für die betroffenen Unternehmen vorgesehen:

 

  • ab 1. Januar 2024 sollen Unternehmen, die bereits der bisherigen CSR-Richtlinie unterliegen, nach den neuen Maßstäben berichten (d. h. Berichterstattung im Jahr 2025 über die Daten von 2024);
  • ab 1. Januar 2025 soll die Berichtspflicht für große Unternehmen gelten, die bislang nicht der verpflichtenden Berichterstattung unterfallen (d. h. Berichterstattung in 2026 über die Daten von 2025);
  • ab 1. Januar 2026 wird die CSRD dann auch für börsennotierte KMU sowie kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen anzuwenden sein (d. h. Berichterstattung in 2027 über das ab dem 1. Januar 2026 beginnende Wirtschaftsjahr).

 

Hinweise für die Praxis

Gerade für bislang nicht von der Nachhaltigkeitsberichtspflicht wird die Umsetzung der CSRD ambitioniert, da zuvor sowohl auf Ebene der strategischen Entwicklung als auch bei der Datenerfassung erhebliche Vorbereitungsmaßnahmen erforderlich sind. Aber auch bereits berichtspflichtige Unternehmen müssen ihre Prozesse im Vorfeld der Anwendung der CSRD ihre Prozesse nachschärfen. Hierbei sind gerade die Organe der Gesellschaften gefordert, da an diese erhöhte Anforderungen bei Kenntnissen und Fähigkeiten im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsfragen gestellt werden.

Neben der CSRD gibt es aktuell zahlreiche weitere gesetzgeberische Maßnahmen, deren Beachtung und Anwendung Ausstrahlungswirkung auf die künftige Berichtspflicht nach der CSRD haben werden, hierbei sind insbesondere die Regelungen zur Taxonomie, zu den Lieferketten sowie zur ESG-Due Diligence zu nennen.

Umgekehrt wird die CSRD wiederum Auswirkungen auf den Inhalt und die Auslegung der Empfehlungen des DCGK haben, der seit diesem Jahr auch spezifische Aussagen zu Nachhaltigkeitsaspekten trifft.

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