Neue EU-Sanktionen – What to do?

Christian Thomas

Die aktuellen EU-Sanktionspakete gegen Russland lösen Handlungsbedarf für Unternehmen aus.

 

Im Blogbeitrag klären Christoph Schmitt und Christian Thomas, welche Bereiche das 12. und 13. Sanktionspaket der EU jeweils umfasst und was aus unternehmerischer Perspektive dringend zu veranlassen ist.

I. Das 12. Sanktionspaket der EU

 

Am 18. Dezember 2023 hat die EU das 12. Sanktionspaket gegen Russland veröffentlicht. Damit wurden sowohl die Verordnung (EU) Nr. 833/2014, die güter- und dienstleistungsbezogenen Beschränkungen gegenüber Russland enthält, als auch die Verordnung (EU) Nr. 269/2014, die Beschränkungen gegenüber den in ihrem Anhang I gelisteten natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen festlegt, geändert. Die neuen Regelungen umfassen neben verschärften Ein- und Ausfuhrbeschränkungen vor allem auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Umgehungspraktiken.

 

 

1. Maßnahmen zur Bekämpfung der Umgehung bestehender Sanktionen

 

Die EU legt mit diesem Sanktionspaket ihr Hauptaugenmerk auf die Bekämpfung der Umgehungspraxis hinsichtlich bestehender Sanktionen. Dazu dient einerseits die Erweiterung des für bestimmte Güter (insb. Dual-Use-Güter, Advanced Technologies-Güter, Güter der Luft- und Raumfahrtindustrie, etc.) bestehenden Durchfuhrverbotes durch Russland (Art. 3k Abs. 1a VO 833/2014). Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann die zuständige nationale Behörde ihre Durchfuhr genehmigen.

 

Besonderes Augenmerk ist aber vor allem auf ein weiteres Instrument zu richten, das mit dem Ziel der Bekämpfung der Sanktionsumgehung etabliert wurde. Art. 12g VO 833/2014 verpflichtet die Wirtschaftsbeteiligten, ihren außerhalb der EU ansässigen Vertragspartnern den Weiterverkauf bzw. die Wiederausfuhr bestimmter besonders sensibler Güter nach Russland vertraglich zu untersagen und in dem Vertrag für den Fall eines Verstoßes hiergegen angemessene Abhilfemaßnahmen vorzusehen. Entsprechend müssen beim Verkauf, der Lieferung, der Verbringung oder der Ausfuhr von Gütern oder Technologien, die in den Anhängen XI, XX und XXXV der VO 833/2014 gelistet sind, von Gütern gemäß der Liste in Anhang XL VO 833/2014 sowie von Feuerwaffen und Munition gemäß der Liste in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 in ein Drittland der Re-Export nach Russland sowie die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland vertraglich untersagt werden.

 

Die Pflicht zur Vereinbarung einer No Russia Clause gilt für sämtliche Verträge mit in Drittstaaten ansässigen Vertragspartnern mit Ausnahme von Verträgen, die vor dem 19. Dezember 2023 geschlossen und bis zum 20. Dezember 2024 erfüllt werden oder vorher ablaufen. Ferner besteht die Pflicht nicht, wenn der Vertragspartner in einem der in Anhang VIII aufgeführten Partnerländer (derzeit: USA, Japan, UK, Südkorea, Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Schweiz) ansässig ist. Daneben werden durch Art. 12g VO 833/2014 für den Fall der Kenntniserlangung von einem Verstoß des drittstaatlichen Vertragspartners eine Unterrichtungspflicht des EU-Wirtschaftsbeteiligten gegenüber der zuständigen Behörde sowie gegenseitige Unterrichtungspflichten der mitgliedstaatlichen Behörden untereinander und gegenüber der Kommission eingeführt.

 

 

2. Verschärfungen der Ausfuhrbeschränkungen

 

Zudem wurden weitere Ausfuhrkontrollen für Technologien mit doppeltem Verwendungszweck sowie für bestimmte Technologien (u.a. betreffend Chemikalien, Thermostate, Motoren für unbemannte Luftfahrzeuge, Werkzeugmaschinen und Maschinenteile) festgelegt. Zu beachten ist auch das Verbot der Durchfuhr von in Anhang XXXVII aufgeführten Gütern und Technologien durch das Hoheitsgebiet Russlands (Art. 3k Abs. 1a). Es wurden neue Ausfuhrverbote für Industriegüter aus der EU eingeführt, um den industriellen Sektor Russlands weiter zu schwächen. Diese betrifft unter anderem Maschinen und Maschinenteile, Baumaterialien, verarbeiteten Stahl, Kupfer- und Aluminiumerzeugnisse, Laser und Batterien.

 

 

3. Etablierung weiterer Einfuhrbeschränkungen

 

Daneben wurden mit dem 12. Sanktionspaket die Einfuhrbestimmungen hinsichtlich bestimmter Eisen- und Stahlerzeugnisse geändert. Für die europäische Importeure wurden bezüglich russischer Erzeugnisse mit den Kombinierte Nomenklatur („KN“) Codes 7207 12 10 und 7224 90 Regelungen festgelegt, die zu einem Phase-Out der russischen Produkte bis zum Jahr 2028 führen. Für Eisen- und Stahlerzeugnissen mit diesen beiden KN-Codes werden direkte Einfuhren und Einkäufe aus Russland zunächst zwar erleichtert, da die befristeten Ausnahmen aus Art. 3g Abs. 4 und 5a Verordnung (EU) Nr. 833/2014 bis zum 30. September 2028 verlängert wurden. Allerdings nehmen die zugelassenen Einfuhrmengen jährlich ab. Einfuhrbeschränkungen wurden eingeführt für in Russland abgebaute, verarbeitete oder hergestellte Diamanten.

 

 

4. Erweiterung des Dienstleistungsverbots

 

Das bestehende Dienstleistungsverbot aus Art. 5n VO 833/2014 wurde ausgeweitet und erstreckt sich nun auf die Bereitstellung der im neuen Anhang XXXIX beschriebenen Software zur Unternehmensführung und auf Software für Industriedesign und Fertigung. Darunter fallen insbesondere Enterprise Resource Planning-Software sowie solche Systeme zum Management von Kundenbeziehungen und Lieferketten. Insofern gilt eine Abwicklungsfrist für Altverträge bis zum 20. März 2024. Nur in Ausnahmefällen bestehen Genehmigungsmöglichkeiten, etwa wenn dies zur Durchführung internationaler Open-Source-Projekte zwingend erforderlich ist.

 

Weitere Neuerungen des Dienstleistungsverbots zielen auf die Umgehung des Verbots der Bereitstellung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Wallets, Krypto-Konten oder der Krypto-Verwahrung für russische und in Russland ansässige Personen.

 

 

II. Das 13. Sanktionspaket der EU

 

Am 23. Februar 2024 – und somit nur rund zwei Monate nach dem 12. Paket – hat die EU bereits das 13. Sanktionspaket verabschiedet. Wiederum wurden sowohl güter- als auch personenbezogene Verbote und Beschränkungen durch Änderungen der Verordnungen (EU) Nr. 833/2014 sowie Verordnung (EU) Nr. 269/2014 verschärft. Insbesondere wurden rund 200 weitere Personen, Unternehmen und Einrichtungen gelistet und damit umfassende Finanzsanktionen gegen diese verhängt.

 

 

1. Ausweitung güter- sowie personenbezogener Sanktionen

 

Die neuerliche Ausweitung der güterbezogenen Sanktionen betrifft primär Unternehmen, die an der Beschaffung von Drohnen mitwirken, und führt einige sektorale Sanktionen in diesem Bereich ein. So wurde die Liste der Güter und Technologien, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung des Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen könnten, um Teile für die Entwicklung und Herstellung von Drohnen ergänzt.

 

Anhang IV VO 833/2014, der Unternehmen aus oder mit Beziehungen zum russischen militärisch-industriellen Komplex benennt, wurde um 27 Einträge erweitert. Unter diesen finden sich erneut Personen aus Drittländern, wobei erstmals drei Unternehmen aus China aufgenommen wurden. Ebenfalls erstmals erfasst sind Unternehmen aus Indien, Kasachstan, Serbien, der Türkei, Singapur, Sri Lanka und Thailand.

 

 

2. Stärkung von Einfuhrverboten durch Aufnahme UK in Liste der Partnerländer

 

Mit dem neuen Sanktionspaket wird das Vereinigte Königreich (UK) in die Liste der Partnerländer der EU für Eisen- und Stahlimporte aufgenommen. Die Partnerländer, zu denen darüber hinaus die Schweiz und Norwegen gehören, wenden eine Reihe restriktiver Maßnahmen auf die Einfuhr von Eisen und Stahl sowie entsprechende Kontrollmaßnahmen an, die im Wesentlichen den Maßnahmen der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 entsprechen. Damit wird der Marktzugang für russisches Eisen und Stahl nach UK massiv erschwert.

 

 

III. Handlungsempfehlung

 

Für Unternehmen besteht aufgrund der vorgenannten Situation schon aus Compliancegründen dringender Handlungsbedarf.

 

Was ist genau zu tun?

 

  • Zunächst müssen Unternehmen den Vertragspartner verpflichten, sämtliche relevanten Sanktionsvorschriften und Embargos, einzuhalten.
  • Konkret bedeutet dies, dass der belieferte Vertriebspartner dazu verpflichtet werden muss, die unter das Sanktionspaket fallenden Ware nicht nach Russland, Belarus oder die betroffenen Teile der Ukraine zu liefern.
  • Weitergehend verlangt das 12. Sanktionspaket auch, dass der betroffene Verkäufer für den Fall der Nichteinhaltung ein vertraglich niedergelegtes Reaction Management vereinbart. Dies kann einerseits zum Beispiel in Kündigungsrechte, aber auch das Recht, einen Lieferstopp zu verhängen, oder dem Recht zur Rücksendung von bereits gelieferten Waren liegen. Dabei ist schon aus AGB-rechtlichen Gründen sauber zu regeln, in welchen Fällen der Käufer einen Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises hat und ob ihm daneben Schadensersatz- und/oder Aufwendungsersatzansprüche zustehen sollen.
  • Um den Käufer zur Einhaltung der vorgenannten Verpflichtung zu bewegen und den Verkäufer schadlos zu halten, sollten AGB-rechtlich wirksame Vertragsstrafen und Freistellungsklauseln in den Vertrag oder die vereinbarten Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen aufgenommen werden. Bei den Vertragsstrafenklauseln finden sich immer wieder dieselben Fehler, die zur AGB-rechtlichen Unwirksamkeit führen. Vertragsstrafen die verschuldensunabhängig oder mit einem Festbetrag gestaltet sind, gehören was ihre rechtliche Wirksamkeit angeht, wohl endgültig der Vergangenheit an. So ist heutzutage darauf zu achten, dass die Vertragsstrafe auch für den kleinsten denkbaren Pflichtverletzungsfall noch angemessen ist und die dem Schuldverhältnis immanente Vergütung im Hinblick auf die Höhe der Vertragsstrafe berücksichtigt.

 

Auch bei den embargorechtlichen Freistellungsklauseln finden sich überwiegend solche in den Vertragswerken der Wirtschaft, die AGB-rechtlich unwirksam gestaltet sind. Hier wird zu beachten sein, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Grundlage für den Freistellungsanspruch eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertragspartners fordert. Auch dafür dürfte das Recht, den Verkäufer auf ein ihn treffendes Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB zu verweisen, nicht abgeschnitten werden.

 

Zudem müssen solche Freistellungsklauseln, die auch eine Kostenerstattung (zum Beispiel für Rechtsverteidigungskosten) beinhalten, stets berücksichtigen, dass unübliche und angemessene Kosten ersatzfähig sind. Oft auszunehmen werden auch die Kosten für eigene Arbeitnehmer sein, die nach der sogenannten Sowieso-Kosten- Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes regelmäßig nicht ersatzfähig sind.

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