Eine Kooperation zwischen Unternehmen kann für die Beteiligten auf Basis eines Kooperationsvertrages zahlreiche Vorteile bieten. Neben der Schaffung von Synergien können Ressourcen geteilt, Kosten gesenkt, Marktzugänge erleichtert oder erweitert sowie Know-how kostengünstig hinzugewonnen werden. Auch können auf Basis von Kooperationsverträgen neue Geschäftsmöglichkeiten erschlossen und der innerbetriebliche Innovationsgrad erhöht werden.
Oft übersehen wird jedoch bei Kooperationsüberlegungen, dass Kooperationen auch Haftungsrisiken begründen. Durch Kooperationsverträge, die regelmäßig auch Leistungsaustauschverträge sind, werden im Rahmen normaler Schuldverhältnisse übliche schuldrechtliche Verpflichtungen und damit auch übliche Haftungsszenarien mit der Folge einer Haftung bei leichter Fahrlässigkeit für jeden mittelbaren und unmittelbaren Schaden in unbegrenzter Höhe begründet.
– Neue Blogreihe von Christoph Schmitt –
Regelmäßig ist festzustellen, dass die Beteiligten aus der Wirtschaft so froh sind, endlich „den“ Kooperationspartner gefunden zu haben, dass ein Scheitern der Kooperation für sie denkbar unmöglich erscheint. Die Statistik straft jedoch solchen „rosa-roten“ Illusionen. So scheitern statistisch ca. sechs von zehn Kooperationen realiter im Laufe der Zeit.
Der Umstand, dass vor diesem Hintergrund Unternehmen in Kooperationsverträgen nur den Hinweg in die Kooperation, nicht aber den Rückweg aus der Kooperation regeln, erscheint zunächst unerklärlich. Nachvollziehbarer wird dies jedoch, wenn man sich die Psychologie und Biomechanik der beteiligten menschlichen Akteure vor Augen hält. So stellt sich das befriedigende Ergebnis, nach oft langer Suche endlich einen Kooperationspartner für die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks gefunden haben, als starkes Lustgefühl für den emotionalen Teil unseres Denkens dar, der rationale Überlegungen – und folglich auch eine eigentlich angebrachte, rechtliche Skepsis – überlagert. Im Zustand dieser kooperationstechnischen „Verliebtheit“ werden daher Gedanken an das Scheitern der zu begründenden Beziehung zwischen den Unternehmenspartnern – wie in der realen Lebenswelt im Zustand der Verliebtheit – gerne und häufig ausgeschaltet.
Es ist aber wegen der Lebenswirklichkeit im Rahmen von Kooperationen dringend zu raten, in Kooperationsverträgen nicht nur den Hinweg in die Kooperation, sondern auch den Rückweg aus der Kooperation zu regeln. Dies gilt nicht nur für gesellschaftsrechtliche Kooperationen, sondern vor allem auch für schuldrechtliche Kooperationen. Des Weiteren sollten Kooperationsverträge mit derselben Sorgfalt wie auch andere Leistungsaustauschverträge entworfen und verhandelt werden. Schon die geltenden Compliance-Regelungen gebieten es, dabei auch im Rahmen der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks wie bei Leistungsaustauschverträgen Haftungsausschluss- und Haftungsbeschränkungslösungen vertraglich einzubauen, wie sie auch sonst im Leistungsaustausch mit fremden Dritten stattzufinden haben. All dies ist in der Kooperationspraxis in Deutschland oft nicht der Fall.
Auch die häufig unklaren Formulierungen in Kooperationsverträgen, eine gegenüber anderen Leistungsaustauschverträgen fehlende Detaildichte oder regelmäßig (un-)freiwillig vorgesehene Interpretationsspielräumen bei vertraglichen Formulierungen sollten vermieden werden.
Von den Parteien einer Kooperation wird in Bezug auf Kooperationsverträge zudem oft übersehen, dass die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks nach den gesetzlichen Grundüberlegungen oft auf die Gründung einer Gelegenheits-GbR nach § 705 ff. BGB bzw. einer OHG nach § 105 ff. HGB hinausläuft. Die entsprechenden Rechtsfolgen dürften jedoch für eine Vielzahl von Kooperationsmodellen völlig unpassend sein. Gemeinsame, gleiche Entscheidungsmacht im Projekt, das Leisten gleicher Beiträge, gleiche Beteiligungen am Gewinn oder Liquidationserlös und/oder den entstehenden Rechten sind für Kooperationsverhältnisse, in denen unterschiedliche Beiträge geleistet werden sollen und damit auch selbstverständlich eine unterschiedliche Ergebnis- und Rechtebeteiligung stattfinden muss, schlicht inadäquat.
In Kooperationsverträgen muss deshalb zwingend klargestellt werden, ob mit der Verfolgung des gemeinsamen Zwecks der Kooperation ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis begründet werden soll oder nicht. Wird die gesellschaftsrechtliche Ebene bejaht, müssen sich die Kooperationspartner weiter die Frage stellen, ob im Kooperationsvertrag nicht von den gesetzlich vorgegebenen Regelungen der Gelegenheits-GbR bzw. der OHG abweichende Regelungen getroffen werden müssen.
Kooperationsverträge müssen wegen der damit verbundenen haftungsrechtlichen Gefahren derselben Sorgfalt wie andere Leistungsaustauschverträge unterstellt und entsprechend präzise verhandelt, auch ausformuliert werden. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass die Verfolgung eines gemeinsamen angestrebten Zwecks im Kooperationsprojekt nicht ungewollt umfassende gesellschaftsrechtliche Regelungen des Gesetzgebers einbezieht.
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